„Unser“ Kreuz?

Jasmin James
2 min readApr 16, 2024
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Wenn die FPÖ dagegen wettert, dass Österreich zu einem Einwanderungs- und nicht Zuwanderungsland verkommt und Integrationsministerin (ÖVP) Susanne Raab an einer gemeinsamen Leitkultur à la Tracht und Bierzelt bastelt, ist auch Hochsaison für Christian Klar. Der Schuldirektor und ÖVP-Funktionär polarisiert bei Medienauftritten zu „Schule und Integration“, vor allem mit seiner regulären Kolumne im Boulevardmedium „Express“.

In seinem Text („Das Kreuz mit dem Kreuz“) bezeichnet er das Kreuz als passives Symbol, das nicht indoktrinieren kann. Mich wundert es, wie schnell man bereit ist, etwas als wertneutral zu bezeichnen, wenn es nur bekannt genug ist. Nur weil ein in der Klasse aufgehängtes Kreuz oft ignoriert wird und ein zur Schwurgarnitur gehörendes Kruzifix aus Richtersälen entfernt wird, geht der religiöse Sinngehalt nicht verloren. Spätestens wenn meine Mutter einen überdimensional großen Rosenkranz beim Spazierengehen schwenkt, in der leisen Hoffnung, einem muslimischen Nachbarn zu begegnen, der auch gern mit Gebetsschnur unterwegs ist, ist das Wort „passiv“ längst überholt.

Klar schreibt auch, dass „Österreich ein säkularer Staat christlicher Prägung ist“. Ein brisanter Ausdruck, wenn man bedenkt, dass Viktor Orbán Ungarn als „christliche Demokratie“ ausrief. Für Klar sind „unsere Feste und Brauche“ nicht nur religiös geprägt, sondern auch identitätsstiftend. Doch die Beispiele, die er aufzählt, sind keinesfalls „typisch österreichisch“: Das Laternenfest ist italienischen Ursprungs, der Nikolaus hat türkische Wurzeln, während Ostern auf altägyptische und persischen Frühlingsfeste zurückläuft.

Egal, der Punkt scheint dieser zu sein-„Osternestersuchen im Garten, Eierpecken und Geschenke“ stellen die urtypische, österreichische Idylle am Ostersonntag dar. Etwas, das auf jeden Fall bewahrt werden sollte. Die Wahrung der Tradition ist lobenswert, doch ohne Anerkennung von anderen Identitäten bzw. Brauchen sowie einer Neudefinition des Wortes „Österreich“ ist ein Miteinander nicht möglich — höchstens ein Nebeneinander.

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